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ROMAN / NOVEL »LEONS BRUDER«__back

Im Pressetext des Rotbuch Verlags heißt es:

»Alle Tragik und Groteske meines Irrtums zeigte sich, als ich sah, wie die Mauer, dieses politische Trauma auch meines Lebens, im November 1989 fiel.«
»Leons Bruder« ist der Roman einer Zeitenwende. Es ist die Geschichte von Leon dem Künstler, dem Liebhaber, dem Reisenden, dem Helden und Loser. Die Geschichte des kleinen Leon, der mit seinen Spielzeugpanzern den Zweiten Weltkrieg nachspielt, der als Jugendlicher an den Kommunismus und an die »freie Liebe« glaubt und den es als erwachsenen Mann von Berlin nach New York, Paris und St. Petersburg verschlägt, von Leon, der nach dem Fall der Mauer den Beginn einer neuen Zeit, den Mythos Berlin und den Traum einer Liebe in Moskau erlebt.

»Leons Bruder« erzählt vom Mythos Berlin, vom neuen Europa und vor allem von Leon. Leon, den als Schüler die Ideen von 1968 begeistern und den es bald nach Amerika zieht, der den DGB-Chef Michael Sommer in den siebziger Jahren als rigiden Kommunisten kennen lernt, und der als junger Mann in einen Kampf mit dem Großschriftsteller Günther Grass gerät. Der Roman handelt von dem Kind Leon, das erlebt, wie eine Mauer durch seine Stadt gebaut wird. Und von dem erwachsenen Leon, der schließlich den Fall der Mauer erlebt und den Aufbruch im neuen Berlin – Ereignisse, die sein Weltbild verändern. Erzählt wird, wie Leon Abschied von Amerika nimmt, wie es ihn schließlich nach Russland verschlägt, wo er auf die Kinder der Perestroika trifft, und er – am Ende seiner Odyssee – eine ihm bisher verschlossene Welt entdeckt.

Der Roman »Leons Bruder« beschreibt das komplizierte Verhältnis von privatem Erleben und politisch historischem Geschehen. Mit den Erlebnissen «Leons« wird die Beziehung von Existenz, Liebe und historischem Geschehen im Kraftfeld der Zeitenwende nach dem Kalten Krieg thematisiert. Das Buch basiert auf Tausenden von Seiten detaillierter Aufzeichnungen, die der Autor nach dem Fall der Mauer in Deutschland, Frankreich, Russland und den USA anfertigte. Als Roman stellt er eine virtuose Mischung aus erzählendem Text, lyrischer Form, Zitat und Essay dar.

Der Romans »Leons Bruder« beginnt mit einem Prolog:


PROLOG

Mein Bruder Leon lag in seinem Bett. Das wusste ich. Es stand auf der anderen Seite der Wand, an der mein Bett stand. Mein Bett war ein mächtiges Doppelbett mit geschwungenem Kopf- und Fußende aus den dreißiger Jahren. Ich hatte es mit einem meiner Brüder zu teilen. In unserer Wohnung in Berlin-Wedding gab es viele Betten für viele Personen.

An jenem Morgen war ich in dem großen Bett allein. Im Nachbarzimmer hatte ich Schritte und Stimmen gehört. Jemand kam herein, befahl mir, liegen zu bleiben und verschwand. Ich kletterte über die großen Plumeaus und schlich zu dem grünen Samtvorhang, der statt einer Tür im Durchbruch zum Nachbarzimmer hing. Ich blinzelte durch den Schlitz zwischen Vorhang und Wand und sah die Feuerwehrmänner mit einer Bahre, auf der mein Bruder Leon lag. Am Abend vorher hatte er seinen Abschiedsbrief geschrieben, in demselben Zimmer, in dem meine älteste Schwester saß. Er war sechzehn. Mir blieb in Erinnerung, wie er in mein strahlendes Gesicht lachte, wenn er mich in die Luft warf und wieder auffing.

Meine Mutter meinte in manischer Wiederholung so lange sie noch sprach, ich sei wie Leon. Meine Geschichte handelt von Leon, wenn meine Mutter sich geirrt hat ...


Roland Stelter

«Leons Bruder»
Roman einer Zeitenwende

Rotbuch/
EVA Europäische Verlagsanstalt

Hamburg 2005
406 S., geb. mit Schutzumschlag

ISBN 3-434-53134-3